Die Macht der sanften Berührung

Berührungen prägen unser ganzes Leben.

Sie machen uns zu sozialen Wesen und beeinflussen, wie wir Stress oder Schmerzen wahrnehmen, wem wir vertrauen, wen wir lieben.

In einer Zeit des Social Distancing ergründen Forscher, welche Prozesse Berührungen in uns auslösen – und was mit uns passiert, wenn sie fehlen.

Sanfte Berührungen sind lebenswichtig für uns Menschen. Sie schaffen für Babys den ersten Kontakt zur Welt und geben ein Gefühl der Sicherheit und Zugehörigkeit. Sie beeinflussen, wie wir Stress oder Schmerzen wahrnehmen, wie gut unser Immunsystem funktioniert, wem wir vertrauen. Eine Berührung kann einen Menschen selbst dann noch erreichen, wenn er kaum mehr mit der physischen Welt verbunden ist.

Vor allem starke Gefühle wie Liebe oder Mitgefühl können über Berührungen besser vermittelt werden als durch Worte, Mimik oder Gestik.
In einer Zeit des Social Distancing gewinnt Berührungsforschung zunehmend an Relevanz. Was macht es mit uns und unseren Beziehungen, wenn wir Distanz halten sollen?

Forscherinnen und Forscher erkunden, welche Rolle Berührungen für unser körperliches und seelisches Wohlbefinden spielen und welche Folgen es haben kann, wenn sie fehlen.
Neben dem Tastsinn verfügt der Mensch über ein hoch spezialisiertes System ausschließlich zur Wahrnehmung von sanften Berührungsreizen. Wie kommt es, dass es sich so unterschiedlich anfühlt, wenn uns ein nahestehender Mensch berührt oder irgendein Fremder? Ob wir gerade mit unserem Partner streiten oder harmonieren?

Was passiert da in unserem Gehirn – und welche Rolle spielt das Gehirn selbst dabei? Hinter einem Gefühl, das uns so intuitiv, so selbstverständlich erscheint, steckt ein raffiniertes Wechselspiel zwischen Nervenfasern, Rückenmark und Gehirn, das noch immer viele Fragen für Forscherinnen und Forscher aufwirft.

Smartphone und Internet können heute zwar eine gewisse Form von Nähe und Verbundenheit mit Familie und Freunden vermitteln. Doch physische Nähe können sie nicht ersetzen.

Link zum Film in der arte-Mediathek hier:

(Regie: Dorothee Kaden, Autor:in Kaden, Dorothee, Deutschland, 2020)

Wir sind die Kuschel-Revolution

Mit Fremden kuscheln? Geht das?

Vor einem Jahr hat Dirk aus Köln Kuschelpartys für sich entdeckt: Treffen, bei denen sich Menschen anfassen, kraulen und in den Armen liegen. Voraussetzung ist gegenseitiges Einverständnis. „Für mich ist das eine gute Übung, wirklich aus dem Kopf rauszukommen und mein Herz zu öffnen“, sagt der 35-jährige Schornsteinfeger.

Um die Sehnsucht nach menschlicher Nähe zu stillen, treffen sich wie Dirk immer mehr Menschen zum Kuscheln. Manche von ihnen sind Single, aber auch Paare schätzen den absichtslosen, nicht-sexuellen Kontakt. ARD-Mediathek Film-Link hier:

(Bild: WDR / Renate Werner)

Kuschelpartys: brechen sie ein altes Tabu? (WDR-Doku)

„Ja, du darfst hier fremd kuscheln“, erzählt die 29-jährige Lisa. Mit ihrem Mann Paul besucht die junge Mutter regelmäßig Kuschelpartys: Treffen, bei denen sich Menschen anfassen, kraulen und in den Armen liegen. „Es geht hier ja nicht um Sex“, fügt Paul hinzu.

Nachdem ihr kleiner Sohn geboren war, hat sich ihre Beziehung verändert. Jetzt suchen Lisa und Paul nach Erfahrungen, die sie bereichern – aber trotzdem die Ehe nicht gefährden. Mit Fremden kuscheln? Geht das?

Auch Dirk aus Köln hat Kuschel-Events für sich entdeckt: Voraussetzung ist gegenseitiges Einverständnis. „Für mich ist das eine gute Übung, wirklich aus dem Kopf rauszukommen und mein Herz zu öffnen“, sagt der 35-jährige Schornsteinfeger. Um die Sehnsucht nach menschlicher Nähe zu stillen, treffen sich immer mehr Menschen zum Kuscheln. Denn in Zeiten von digitalen Verbindungen fassen viele Menschen ihr Tablet häufiger an als ihre Liebsten.

Studien zufolge fühlen sich wohl deshalb heute immer mehr junge Leute einsam. Dabei brauchen wir, um uns zugehörig zu fühlen, menschliche Berührungen und Körpererfahrungen. Wer nahbar ist und lebendig, der existiert. Nicole, zweifache Mutter aus Mönchengladbach, ist so begeistert vom Kuscheln, dass sie sich in Berlin zur Kuscheltherapeutin ausbilden lässt. „Das Wichtigste, das wir lernen, sind Grenzen. Die eigenen und die der anderen. Wie will ich berührt werden, was mag ich, was nicht?“ Die 53-Jährige hofft, irgendwann mit Einzelstunden und Kuschelpartys Geld zu verdienen.

Kuscheln wird völlig unterschätzt. Doch absichtslose körperliche Nähe verändert Liebe, Partnerschaft und Freundschaften. Brauchen wir also eine Kuschel-Revolution? (Ein Film für Menschen hautnah von Renate Werner. Dieser Film wurde im Jahr 2023 produziert. Alle Aussagen und Fakten entsprechen dem damaligen Stand und wurden seitdem nicht aktualisiert.

(Ein Film für Menschen hautnah von Renate Werner. Dieser Film wurde im Jahr 2023 produziert. Alle Aussagen und Fakten entsprechen dem damaligen Stand und wurden seitdem nicht aktualisiert.)